Das Rubikonmodell (RM)

Das RM von Heckhausen und Gollwitzer (1987) wird beschrieben als die Abfolge (Sequenz) verschiedener Phasen einer Handlung. Die Phasen beginnen bei der „Entstehung einer Motivationstendenz vom Wünschen, zum Wählen und Wollen bis hin zu ihrer Deaktivierung über die Zeit hinweg“ (Achtziger & Gollwitzer, 2010, S. 310). Es lässt sich eine motivationale und volitionale Bewusstseinslage im Verlauf unterscheiden. Das RM von Heckhausen und Gollwitzer (1987, S. 120) verwendet explizite (bewusste) Motive. Die motivationale Bewusstseinslage ist gekennzeichnet von der Frage, welche Motive hinreichend sind zur Bildung einer Absicht. Beispiel: Der Klient fragt sich, ob er mit einer Therapie beginnen soll oder nicht und sucht nach Gründen, sich für eine der Alternativen zu entscheiden. Die volitionale Bewusstseinslage beschäftigt sich damit, wie diese Absicht gut in Handlung umgesetzt werden kann. Beispiel: Der Klient überlegt gemeinsam mit dem Therapeuten, wie genau die gemeinsam vereinbarten Ziele erreicht werden können. Je nachdem in welcher Bewusstseinslage sich der Klient befindet, sind unterschiedliche Vorgehensweisen des Therapeuten wirksam. Beispiel: Dem Klienten in der motivationalen Bewusstseinslage hilft es nicht, zu wissen, wie er in einer Therapie mögliche Ziele erreichen könnte. Mit dem Klienten in der volitionalen Bewusstseinslage macht es wenig Sinn, darüber zu sprechen, ob er überhaupt an der Therapie teilnehmen möchte. Die Bildung einer Absicht (Intention) bedarf eines Wechsels dieser motivationalen in die volitionale Bewusstseinslage. In MOVER wird das Prinzip der maßgeschneiderten Interventionen (Kerngedanke 3) aus drei Gründen postuliert. Je nach Bewusstseinslage sind andere Interventionen passend. Das Prinzip wird im Konzept der Selbstmanagement-Therapie von Kanfer, Reinecker und Schmelzer (2011) verfolgt. Die Forderung der Definition von therapeutischen Interventionen nach Operationalisierung in MOVER (2.3) lässt sich über über „Matched Designs“ (Lippke & Renneberg, 2006, S. 49–50) untersuchen.

Interventionen lassen sich über „Matched Designs“ (Lippke & Renneberg, 2006, S. 49–50) bezüglich ihrer Passung und Effektivität untersuchen. Dabei wirken bestimmte Interventionen nur bei bestimmten Voraussetzungen am effektivsten (bspw. Bewusstseinslagen des RM). Daraus wird in MOVER das Prinzip der maßgeschneiderten Interventionen in Anlehnung an Kanfer et al. (2011) abgeleitet.

Kerngedanke 3: Prinzip der maßgeschneiderten Interventionen

Abbildung 2 stellt den Ablauf im RM grafisch dar.

Legende: A= Intentionsbildung, B= Intentionsinitiierung,
C= Intentionsdeaktivierung

Abbildung 2: RM (modifiziert nach Heckhausen & Gollwitzer, 1987)

Heckhausen und Gollwitzer (1987) beschreiben den Wechsel der Bewusstseinslagen metaphorisch als Überquerung des Rubikon: “The formation of an intent, and the associated transition from contemplating to enacting options, appears to represent a psychological Rubicon, a boundary line between different states of mind” (Heckhausen & Gollwitzer, 1987, S. 120). Damit wird auf die Unumkehrbarkeit des gefassten Entschlusses angespielt. Als Cäsar nach langer Bedenkzeit sich entschloss, den norditalienischen Grenzfluss Rubikon zu überqueren, war damit automatisch eine Kriegserklärung gegenüber der römischen Republik verbunden. Die gebildete Intention zeichnet die nun vorherrschende volitionale Bewusstseinslage über möglicherweise nötige Vorbereitungshandlungen (präaktional) bis zum Abschluss der zielrealisierenden Handlung aus. Die abschließende Bewertung des Ergebnisses gehört bereits wieder zur motivationalen Bewusstseinslage. Das RM ist ein grundlegendes „strukturfunktionales“ (Achtziger & Gollwitzer, 2010, S. 310–313), motivations- und volitionspsychologisches kontinuierlich-lineares Modell, dass eine breite Rezeption erfahren hat. Die aus Ressourcenperspektive wesentlichen Bedürfnisse und unbewussten Motive des Klienten werden nicht modelliert (Kerngedanke 2). Es eignet sich dennoch gut, um die Unterschiede zwischen Motivation und Volition zu verstehen. Es kann gut zur Diagnostik und Intervention genutzt werden (Kerngedanke 3), was auch für den in 3.3 genannten RP gilt.